AP und Erschöpfung: #mütterburnout

Der schmale Grat

Ist das noch AP oder schon Selbstaufgabe? Bedürfniserfüllung oder Selbstvernachlässigung? Eine Erinnerung. Eine sehr persönliche.


Das ist jetzt sehr persönlich. Definitiv persönlicher als die #wib oder #wmdedgT, die ich ab und an hier teile. Aber während ich die aktuelle Diskussion um AP und mögliche Erschöpfung verfolge, kommt dieser Moment immer mal wieder hoch. Vielleicht wird es Zeit, es schriftlich festzuhalten.

Also:

Kind 1 war gerade etwas über 2,5 Jahre alt. Kind 2 keine drei Monate alt. Der Gatte arbeitete Schicht, war also regelmäßig mit 12h oder länger außer Haus. Familie gibt es keine in unmittelbarer Nähe, für alles musste man immer erst ins Auto steigen.

Und da war dieser Abend, an dem Kind 1 unbedingt zum einschlafen stillen wollte. Kind 2 war gleichzeitig müde, konnte aber NICHT beim stillen einschlafen, sondern brauchte Bewegung in der Tragehilfe.

Also saß ich – komplett kaputt vom Tag und mit der Aussicht auf eine schlechte Nacht – auf dem lebensrettenden Gummiball. Vorn das vor Müdigkeit immer schwerer werdende Kleinkind, hinten das nörgelnde Baby. Der fiepende Hund dabei, der auch Bewegung gebraucht hätte. Und die Katzen, die auch noch Futter wollten. Vielleicht hat sogar jemand angerufen, ich weiß es nicht. Und ich hüpfte und schaukelte und “shhhhtttt”e und summte und kämpfte dagegen an, dass ich als Erste einschlief. Auf dem Gymnastikball.

Irgendwann schlief Kind 1, Kind 2 war immerhin still. Wie ich es unbeschadet mit meinem großen und dem kleinen Brocken vom hüpfenden Gymnastikball geschafft habe? Keine Ahnung. Glück dürfte eine große Rolle gespielt haben.

Ich erinnere mich – nach diesen Jahren – immer noch an das Gefühl auf diesem Ball, allein im dunklen Wohnzimmer. Die bleiernde Müdigkeit. Der Druck auf den Schultern. Das Gewicht auf den Armen. Das Gefühl, nicht atmen zu können. Und dieses Gefühl von Endlosigkeit, mit zwei so kleinen Kindern, die so viel Nähe und Kontakt forderten. Beide! Es schien nie ein Ende zu nehmen. Nie aufzuhören.

Hätte, hätte – und die Realität

So war das. Hätte ich etwas anders machen können? Sollen?

  • Ich hätte Kind 1 auf die Couch verfrachten können, während ich Kind 2 in den Schlaf trage.
  • Ich hätte auch Kind 2 und Kind 1 ins Bett legen können, damit wir dort einschlafen.
  • Ich hätte ihre Bedürfnisse nach Bewegung, Stillen und Körperkontakt auch ganz ablehnen können.

Ich entschied mich, die Bedürfnisse beider Kinder irgendwie zusammen anzunehmen – nach Stillen, nach Tragen/Bewegung, nach Nähe. Sie gleichzeitig auf dem Weg zum Schlaf zu begleiten. Ohne Priorisierung.

  1. Weil beide gerade das genau zu diesem Zeitpunkt so sehr brauchten.
  2. Und weil es gerade niemanden gab. Weil ich – an diesem Abend, mit der Situation – allein war.

Und das, das vermisse ich in diesen so wunderbar reflektierten “AP ist halt auch keine Wunderwaffe” Artikeln dann doch schmerzlich: Es ist die Realität unzähliger Mütter, dass sie mit den Bedürfnissen ihrer Kinder allein sind. Es ist ihre Realität (und es war meine), dass sie gar kein Netzwerk und keine Familie haben, die mit anpackt.

Und wenn jetzt die einen rufen, AP bringe eben doch nichts (oder doch: erschöpfte Mütter) und die anderen sagen, frau müsse eben (natürlich) auf sich achten … Ich weiß nicht mehr, was das soll. Die Diskussionen selbst sind erschöpfend.

Hold the line: AP ist für mich … ein schmaler Grat

Vielleicht sollte ich das bald in jeden Mütter-Beitrag hier auf dem Blog am Ende festhalten:

Wer bitte hat dir gesagt, das Kinder aufziehen rosawattewolkennett werden wird? Es ist manchmal hart. Es macht nicht immer Spaß. Es bringt einen an den Rand der totalen Erschöpfung. Aber es wird. Und AP kann dich da durch bringen, ganz pragmatisch. Ihr macht das schon.

Wir haben uns hier arrangiert. Haben “das Netzwerk” aufgebaut. Und einen kleinen, aber feinen Online-Clan, um Dampf abzulassen. Wir arbeiten mit Achtsamkeit, Yoga und Hobbys daran, uns selbst im Blick zu behalten. Das war ein langer Weg – und ist es noch. Manchmal überrennen wir eigene Grenzen. Manchmal halten wir rechtzeitig an.


Inspiration fand dieser Beitrag durch einen Kommentar von Sylvie, die bei Die Physik der Beziehungen sehr kluge Beiträge schreibt, in einem Beitrag von Carolin Rosales mit Bezug auf einen ZEIT-Artikel. Nein, nicht DEN, sondern den danach!

Hier ist der Post:


Hast du auch solch einen Moment, der dir den schmalen Grat zwischen Selbstaufgabe und Bedürfniserfüllung vor Augen führt?

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Sabrina
Hy, hier schreibt Sabrina. Freiberuflich als Copywriterin anzutreffen, mit Mann & zwei Kindern in enger Gemeinschaft. Feministisch, bindungsorientiert & zutiefst sarkastisch. Bekennende #coffeeholic

Ein Gedanke zu „Der schmale Grat“

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