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Der Untertitel des Buches: Warum es ihrem Kind besser geht, wenn Sie nicht perfekt sind. gefällt mir gut. Ebenso wie die Grundidee, dass es der Familie nur dann gut geht, wenn es auch der Mutter gut geht.
Worum es geht
Die Autorin beschreibt anschaulich die Perfektionsfalle, in die viele Mütter stolpern. Ihr Buch möchte sie nicht als Erziehungsratgeber sondern als persönliches Plädoyer für mütterliche Autonomie und Souveränität verstanden wissen.
Sie plädiert dafür, dass sich Mütter nicht gegenseitig bekämpfen, sonder unterstützen, dass wir auch Verantwortung abgeben, z. B. an die Väter, und sie sagt, dass der Perfektionismus der Mütter auch den Kindern schadet, weil er kindliche Könige hervorbringe. Hier scheinen die viel gescholtenen Helikopter-Eltern durch, ohne dass der Begriff fällt.
Corinna Knauff spricht sich daher für den Abschied von der Übermutter (so eine Kapitelüberschrift) aus und gibt die Parole aus: Sei eine gute Mutter, sei du selbst! (S. 51)
Um das zu realisieren gibt sie drei Mantras vor:
- Nein-Mantra: Ich bin eine gute Mutter, und gute Mütter haben Grenzen!
- Bye-bye-Mantra: Ich bin eine gute Mutter, und gute Mütter sind nicht immer nah!
- Ich-Mantra: Ich bin eine gute Mutter, und gute Mütter achten auch auf sich selbst!
Diese Mantras sollen helfen, die weniger selbstlosen Teile unserer Mutterschaft, mit denen wir uns laut der Autorin schwer tun, anzunehmen. Dies diene auch der persönlichen Entwicklung und dem Rückgewinn unserer Erziehungshoheit. Dadurch gewinne die Mutter nicht nur die Selbstbestimmung zurück, sie verhelfe auch ihren Kindern in ihrer Entwicklung zu mehr Selbstständigkeit und Unabhängigkeit.
Dazu müssen wir nur die Mantras befolgen und lernen, Nein zu sagen, loszulassen und auf uns selbst zu achten. Wir sollen Basicmama statt Supermama sein. Dies bedeute, den Kindern eine gute Basis zu bieten, ein Fundament, das ihnen Rückhalt und Schutz vermittelt. Man solle sich auf das Wesentliche konzentrieren und: Für uns Mütter heißt das, von Beginn an mit viel Fleiß daran zu arbeiten, überflüssig zu werden (S. 66)
Häh?!
Hier an dieser Stelle kommt klar zum Ausdruck, was mich an diesem Buch stört. Es ist widersprüchlich. Immer wieder wechseln sich Passagen, die für eine gute Mutter-Kind-Beziehung plädieren ab mit solchen, die eben eine solche gute Beziehung verhindern.
Mütter sollen authentisch sein und auch ihre eigenen Bedürfnisse beachten, soweit kann ich das unterschreiben. Aber die Beispiele, die die Autorin anführt, haben meiner Meinung nach nichts damit zu tun.
So vergleicht sie Äpfel mit Birnen.Im Prinzip sei es gleich, ob ich das Kind im Laufstall schreien lasse, während ich die Küche zuende putze – oder ob das Kind beim Arzt brüllt, weil es dort eine wichtige Untersuchung erhält, die im Zweifel langfristig seine Gesundheit erhält (S. 144f). Für mich gibt es da einen großen Unterschied.
Sie rät auch, sich innerlich zu distanzieren, um z. B. ein Schlafprogramm durchzuziehen: Denken wir an etwas ungemein Wichtiges, das nichts, aber rein gar nichts mit dem brüllenden Kleinkind nebenan zu tun hat: an den Hintern des Liebsten, an die anstehende Wurzelbehandlung… (S. 170) Das Kind erfahre dadurch Halt und Klarheit und dies sei einer guten Beziehung dienlich. (Wer sich mal mit Schlafprogrammen beschäftigt, dem müsste eigentlich klar sein, dass das Kind nur lernt, dass seine Bedürfnisse nach Sicherheit und Nähe nicht beachtet werden und dass auch die Person, die es am meisten auf der Welt liebt und braucht, nicht für es da ist. Wie das einer guten Beziehung dient, erschließt sich mir nicht.)
Auf den nächsten Seiten rät sie dann, auf sein Herz zu hören, was man ja im vorhergehenden Beispiel anscheinend gerade nicht machen soll, da soll man sich ja ablenken.
Insgesamt scheint im Hintergrund immer wieder die Vorstellung vom Kind als Gegner und potentiellem Tyrannen durch. So soll man sich gegen das Kind abgrenzen und die eigenen Bedürfnisse gegen das Kind verteidigen.
Auch die von ihr propagierten Handelsbeziehungen mit dem Kind – sie nennt es Win-Win-Situationen – haben für mich etwas sehr künstlichen und manipulatives. Jesper Juul sagt dazu: Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Dies hat für mich dann auch nichts mehr mit der propagierten Authentizität zu tun.
Fazit:
Die Grundthese, dass Mütter auch ohne schlechtes Gewissen auf ihre eigenen Bedürfnisse achten sollen, kann ich uneingeschränkt unterschreiben. Nur muss das nicht in einer Gegnerschaft zwischen Mutter und Kind bestehen, da lassen sich auch andere Möglichkeiten finden. Auch brauche ich für diese Erkenntnis kein ganzes Buch, was darüber hinaus trotz des Anspruchs, kein Ratgeber zu sein, immer wieder mit zweifelhaften Rat-Schlägen aufwartet. Vielleicht hätte sich die Autorin auf einen Zeitschriftenartikel beschränken sollen.
Corinna Knauff: “Ich bin eine gute Mutter!”, Campus Verlag Frankfurt 2009
Mutter von zwei, Lehrerin, Stadtmensch