Schule und Corona

Anscheinend ist es unglaublich wichtig, dass Schulkinder vor den Ferien noch einzelne Tag im Schulgebäude verbringen. Dafür müssen Lehrer*innen und Schulleitungen aufwendige Hygienekonzepte, Raum-, Unterrichts- und Reinigungspläne ausarbeiten und umsetzen.

Dabei könnte diese Zeit soviel sinnvoller genutzt werden.

Denn Präsenzunterricht unter Corona-Hygieneregeln heißt eins: Frontalunterricht. Und das ist alles andere als moderner schüler*innenorientierter Unterricht. In meinem digitalen Unterricht kann ich Gruppenarbeiten machen und die Ergebnisse digital sichern und allen Kursmitgliedern zugänglich machen. Wir können sogar gemeinsam an Dokumenten arbeiten. All dies ist im Frontalunterricht so nicht möglich. Gerade für mich als Fremdsprachenlehrerin ist das ein Problem.

Digitaler Unterricht

Ich habe gerade schon den digitalen Untericht angesprochen. Ich befinde mich an meiner Schule in einer absoluten Luxussituation, denn wir haben die Möglichkeit, flächendeckend digitalen Unterricht anzubieten. Die Schüler*innen wie das Kollegium haben alle eine schulinterne Mailadresse und Zugang zu allen nötigen Programmen für Videokonferenzen, gemeinsam bearbeitete Dokumente, etc. Dazu benötigen sie im Idealfall ein Tablet oder einen Laptop, es geht aber auch mit einem Smartphone, über das unsere Schüler*innen in der Regel verfügen.

Außerdem haben wir dank der Unterstützung unseres Fördervereins gebrauchte Laptops erwerben können, die an Schüler*innen ausgeliehen werden können.

Leider ist das aber nicht die Regel, sondern eine absolute Ausnahme und nur dem Engagement der Schulleitung und einiger Kolleg*innen zu verdanken.

Daher wäre es doch eine gute Möglichkeit,

  1. in dieser Zeit an Konzepten und Infrastruktur für guten digitalen Unterricht zu arbeiten.
  2. Diese Konzepte zu erproben, dort wo es möglich ist und
  3. Schulen fit zu machen, wo das noch nicht der Fall ist.

Das Land NRW hat noch nicht einmal eine eigene Plattform für digitales Lernen. Hier besteht also definitiv Nachholbedarf.

Gezielte Förderung

Anstatt alle Kinder wieder ins Schulgebäude zu holen, könnte man auch gezielt Angebote für die machen, die zu Hause nicht die Möglichkeit haben, in Ruhe zu lernen. Hier könnte gezielt in Präsenzstunden gefördert werden.

Gewaltprävention

Ein Argument für die Wiederöffnugn von Schulen ist ja auch immer wieder die Gewaltprävention. Denn offensichtlich fällt Gewalt gegen Kinder meist in Schulen auf. Die Frage darf aber gestellt werden, ob das die Aufgabe der Schule sein kann.

Sollte hier nicht vielmehr durch aufsuchende Jugendhilfe und durch verbesserte Angebote für von Gewalt betroffene Menschen (meist Frauen) gegengesteuert werden? Hier müsste schon seit Jahren mehr passieren, denn Gewalt in Familien ist kein Phänomen, dass nur zu Coronazeiten auftritt. Leider.

Die Angst, nicht mehr mitzukommen

Es scheint bei vielen Menschen eine große Angst zu geben, dass die Kinder durch die Schulschließungen wegen Corona zu viel verpassen und den Anschluss verlieren. Hier sollten wir nicht zu besorgt sein. Denn schließlich sind ja alle Kinder in dieser Situation. Sie verpassen alle etwas und alle Lehrer*innen müssen nach Wiederbeginn des Unterrichts erst einmal sicherstellen, wo die Kinder stehen und was sie können. Da kann nicht einfach alles, was per Mail oder zum Download bereitgestellt wurde vorausgesetzt werden.

Außerdem ist die Situation ja auch nicht völlig unbekannt. Denn es hat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in vielen Bundesländern sogenannte Kurzschuljahre gegeben. Dies war in den 1960er Jahren, als der Schuljahresbeginn von Ostern in den Sommer verlegt wurde. Auch in dieser Zeit haben die Kinder gelernt und es wurden in einem Jahr sogar zweimal Abiturprüfungen abgelegt. Auch diese Menschen sind heute nicht dümmer als andere. Von daher werden auch unsere Kinder vermutlich nicht ihr Leben lang unter der Schulschließung leiden.

Hier böte es sich an, die Lehrpläne noch einmal zu entrümpeln und so Zeit für die wichtigen Inhalte und den gezielten Aufbau von Kompetenzen zu schaffen.

Den Fokus verlagern

Es stimmt, unsere Kinder lernen im Moment nicht das, was sie sonst in diesem Schuljahr gelernt hätten. Aber sie lernen andere Dinge. Selbstorganisation und Selbstdisziplin vielleicht. Meine Schüler*innen lernen mit mir zusammen gerade unheimlich viel über die Möglichkeiten, die uns der digitale Unterricht bietet:

  • Kursnotizbücher,
  • Videokonferenzen,
  • gemeinsame Dokumente

All diese Dinge brauchen sie wahrscheinlich später im Beruf dringender als das Wissen über die Pendlerströme zwischen Stadt und Land oder den Quintenzirkel.

Ich persönlich finde das krampfhafte Festhalten daran, dass jedes Kind vor den Ferien noch einmal seine Schule von innen gesehen haben soll, eher überflüssig.

Wir sollten die Zeit sinnvoller Nutzen. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass uns Corona noch länger begleiten wird und daher ein Unterricht in Klassen mit 30 Kindern auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird.

Uta
Mutter von zwei, Lehrerin, Stadtmensch

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