Lehrer habens leicht – oder?

Ein Gastbeitrag von Julia zu unseren #vereinbarkeitsgeschichten. Und: Nochmal Erfahrungen von Lehrern, dieses Mal im Doppepack.


Ich möchte mal behaupten, dass Guido und ich mit unserem Lehrerberuf wirklich einer Arbeit nachgehen, die sich noch verhältnismäßig einfach mit dem Wohlergehen der ganzen Familie unter einen Hut bringen lässt. Ihr wisst ja, Lehrer haben vormittags Recht und nachmittags frei. Nein, Spaß bei Seite. Tatsächlich haben wir aber nur recht selten außerunterrichtsliche Termine und wenn, sind sie in der Regel eben auch vorherseh- und vor allem planbar. Wir haben unsere Unterrichtsstunden in Voll- bzw. Teilzeit und wann, wie und wo wir die nötigen Unterrichtsvorbereitungen und zusätzliche Klassenorga so machen, kräht bei uns kein Hahn nach. Bei uns steht  niemand hinterm Schreibtischstuhl und übt in irgendeiner Form Druck aus. Hauptsache wir erledigen unsere zusätzlichen Arbeiten wie das Schreiben von Förderplänen, Aktenvermerken, sonderpädagogischen Gutachten oder Zeugnissen termingerecht. Also setzen wir uns meistens in den Abendstunden, wenn unser Mini-Menschen-Mädchen eingeschlafen ist, noch an den Schreibtisch und schreiben, drucken, malen oder laminieren. Bei uns klingelt auf jeden Fall nicht kurz vor Dienstschluss noch das Telefon und ein dringender Kunde ruft an, der unbedingt noch Hilfe benötigt. Bei uns stürmt auch nicht der Chef ins Büro und bittet uns heute doch unbedingt zwei Stunden  länger zu bleiben und abends müssen wir auch nicht mit Geschäftsfreunden Essen gehen, um den geplanten Börsengang oder die neusten Verkaufszahlen zu checken. Manchmal haben wir Elternsprechtage, Elternabende, Schulfeste oder einen „Tag der offenen Tür“, aber das sind ja alles Termine, die meistens schon Monate vorher bekannt sind und wir uns drumherum absprechen und organisieren können.

img_9150Außerdem haben Guido und ich in unserem Lehrerberuf wirklich viele Team-Kollegen und Schulleitungen, die selbst Eltern sind und somit ihre Elternherzen ebenso laut schlagen wie unsere. Sie wissen aus eigener Erfahrung sehr genau, was es bedeutet, den Spagat zwischen Familie und Beruf jeden Tag auf’s Parkett zu legen, ohne dass er zu einer Zerreißprobe wird. Wir haben unsere Stundenpläne zum Beispiel vor allem den Bedürfnissen, Ritualen und Tagesabläufen in der KiTa unserer Frieda angepasst und unser Alltag läuft auch wirklich gut. Friedas KiTa liegt direkt neben meiner Schule, ihre Erzieherinnen in der U3-Gruppe sind im Rahmen der Möglichkeiten sehr bedürfnisorientiert und unser Mini-Menschen-Mädchen geht inzwischen sehr gerne in die Betreuung. Eigentlich ist bei uns die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kein so riesengroßer Akt und birgt bei Weitem nicht so viele Tücken und Hürden wie in zahlreichen anderen Berufen. Die Betonung liegt hier auf EIGENTLICH, denn manchmal schlägt bei uns auch ein Vorschlaghammer ein und das schlechte Gewissen zu und das nicht nur, wenn unser  Mini-Menschen-Mädchen kränkelt wie ich in „Wenn der Spagat dich zerreißt“ (http://frieda-friedlich.de/2016/07/06/wenn-der-spagat-dich-zerreisst/) schon einmal ganz treffend beschrieben habe.

Das neue Schuljahr 2016 / 2017 sollte für uns nämlich so schön beginnen. Die Sommerferien waren traumhaft, wir waren im Urlaub, haben uns erholt und freuten uns tatsächlich schon darauf wieder durchzustarten. Am Mittwoch ging die Schule wieder los und auch die die KiTa öffnete nach 2 1/2 Wochen Ferien wieder. Was aber kaum einer
weiß: Der erste Schultag eines Lehrers ist in der Regel nicht der Tag des Schulbeginns für die Schüler, sondern liegt zwei oder manchmal auch drei Tage vor dem Ferienende. Konferenzen! Konferenzen! Konferenzen“ Klassenverteilung, Bücherorganisation, Wahlen, Stundenpläne, Schuljahresplan und und und. Von morgens früh bis zum späten Nachmittag. Nicht, dass ich mich jetzt beklage. Nein. Die Konferenzen sind nicht so sehr schlimm. Schlimm ist nur, wenn du Konferenzen hast und die KiTa ist noch geschlossen. So war es also bei uns. Guido und ich hatten zweitgleich am Montag vor dem Ferienende unsere erste lange Konferenz und wir sind mit unserer Frieda allein. Wir haben hier kein super Betreuungsnetz oder Großeltern und andere Verwandte, die im Notfall Engpässe zu
überbrücken helfen können. Wir haben Niemanden in der Nähe, der auch Zeit hat und dem wir unser Mini-Menschen-Mädchen anvertrauen können und wollen. Wir Lehrer können uns keinen Urlaub nehmen oder an so einem Konferenztag irgendwelche Überstunden abfeiern. Wir haben gottverdammte Dienstpflicht. Auch unsere Chefinnen
dürfen uns nicht freistellen oder uns freigeben. Wir Lehrer haben ja auch genug unterrichtsfrei im Jahr, außerordentliche Urlaubstage gibt es – auf Antrag – höchst selten. So wurde der Spagat der Vereinbarkeit dann zu einem richtigen Horror. Wer von uns beiden bleibt zu Hause, bei wem schien die Konferenzteilnahme wichtiger? Wer hat ein verständnisvolleres Kollegium, wer putzt diesmal die Klinken und bittet sein Fehlen zu entschuldigen? Bei Guido und mir führt das Thema immer, wirklich immer und auch immer noch zum Streit. Destruktive Streit. Am Ende geht’s dann manchmal darum zu würfeln, das Los entscheiden zu lassen oder wirklich ernsthaft abzuwägen und sich im „Abmelden“ abzuwechseln. Das ist dann nämlich auch eine gleichberechtigte Erziehung!

Diesmal haben wir sinnvoll abgewägt und wir haben uns den Konferenztag geteilt. Guido ist morgens zu seiner Lehrerkonferenz gefahren, während ich vormittags mit unserer Frieda zu Hause bliebt. Guido machte dort früher Schluss und wir hier zu Hause einen wirklich fliegenden Wechsel. Ich fuhr mittags zu meiner Konferenz und bekam noch die wichtigsten 3 Stunden mit. Am darauffolgenden Tag hatte zum Glück nur ich eine weitere Konferenz und Frieda konnte mit ihrem Papa einen wundervollen letzten Ferientag verbringen. Während ich in der Schule hockte, gingen die beiden auf den Spielplatz, zum Eisessen, Einkaufen und und und. Was man eben so macht. Vereinbarkeit klappt bei uns meistens ganz gut. Manchmal eben dann aber leider auch nicht. Und nächsten Freitag schließt Friedas KiTa wegen einer Hygieneschule übrigens bereits um 12 Uhr. Ich muss euch jetzt nicht sagen, dass da schon wieder ein Stein auf uns zu rollt. EIGENTLICH können Guido und ich aufgrund unserer Unterrichtsverpflichtungen an diesem Tag beide nicht rechtzeitig an der KiTa sein. EIGENTLICH…


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Auf Frieda Friedlich bloggt Julia, lebenslustige Lehrerin für Sonderpädagogik, über den ganz normalen Wahnsinn mit dem Mini-Menschen-Mädchen Frieda (12.2014) und der betagten Hundedame Grete. Die drei Mädels wohnen mit Papa Guido in der für sie schönsten Stadt der Welt, mitten im Herzen von Köln. Auf dem Blog gibt es tolle und vor allem ehrliche Berichte über alles was Eltern interessiert und obendrein viele Einblicke in den Familienalltag, aber auch Produktvorstellungen, Gewinnspiele und Bücherrezensionen. Julia schreibt von Liebe, Unternehmungen
und Urlauben, aber eben auch von Problemen, Konflikten und Gedanken. Bei ihr gibt es definitiv keine Lifestyle-Fotos!

Mehr erfahren kann man über Julia, Guido, Frieda und Hundedame Grete auf ihrem Blog selbst und den Socialmedia-Kanälen. Oder natürlich im persönlichen Gespräch und ihr trefft die kleine Familie auf einen Kaffee in Köln.

www.frieda-friedlich.de
www.facebook.com/friedafriedlichkoeln
https://www.instagram.com/friedafriedlich/

3 Gedanken zu „Lehrer habens leicht – oder?“

  1. Ihr Lieben Lehrer,

    ihr sprecht mir aus dem Herzen! (Habe gerade eben erst den Blog entdeckt)
    Ich liebe meinen Lehrerberuf und übe ihn mit viel Herzblut aus. aber manchmal bringt es mich doch an die Grenze des Machbaren. Da helfen auch die bald nahenden Ferien nichts. In diesen kann ich ja nicht dinge erledigen, die in den nächsten Tagen von mir gefordert werden.
    In solchen Phasen helfen bei mir nur Frühschichten am Wochenende: von sechs bis zehn an den Schreibtisch in aller Seelenruhe mit schlafender Familie im Hintergrund 🙂
    Danke für euren Beitrag!

  2. Schlimm ist nur, wenn du Konferenzen hast und die KiTa ist noch geschlossen.
    Willkommen in der Realität – das passiert berufstätigen Eltern 13-6 Wochen pro Jahr.

  3. Ihr lieben Lehrer,
    mir sprecht ihr auch aus dem Herzen. Es ist fürchterlich, wenn die Rahmenbedingungen und die Bedürfnisse so wenig übereinstimmen. Was soll man machen, wenn man arbeiten muss, aber die Kinder nicht betreut sind? Sei es Konferenz, sei es Ferien. Was soll man machen, wenn die eigene unterrichtsfreie Zeit nicht reicht, um die Ferien der Kinder abzudecken? Was soll man machen, wenn die Kinder überlastet sind und nach den Prüfungen in Schockstarre fallen im nach den Ferien wieder überlastet zu werden? Wie soll man mit diesen Eltern umgehen, die meinen, arbeiten zu müssen, obwohl sie doch Kinder haben, die betreut werden müssen? Was soll das denn mit der Bildung, wenn die Kinder die später Kinder haben ihre Bildung nicht zum Einsatz bringen, weil sie Kinder betreuen? Was soll das denn, dass Unternehmen nicht einfach auch ihre Urlaubsregelungen lockern?
    Warum überdenken wir denn nicht das ganze System? So sind doch alle gefrustet.

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