30 Jahre Vereinbarkeit

Vor einer Woche wurde ich 30 Jahre alt/jung/wie auch immer. Grund genug, mal einen Blick auf meine eigene Vereinbarkeitsgeschichte zu werfen!

1984: Meine Mutter bleibt 6 Monate nach meiner Geburt zu Hause. Dann wird sie dringend gebeten, eine offene Stelle zu besetzen. Ihre Qualifikation ist gefragt. Den Platz in der Krippe für mich bekommt sie zeitgleich gestellt. Eine Zeitlang arbeitet sogar meine ältere Schwester in der gleichen Einrichtung und hat ein Auge auf mich. Auch sonst springen Schwester oder Oma ein, wenn Bedarf ist. (ja, ich bin in der DDR geboren)

Ab 1991: Mit Beginn der Schulzeit wird es für meine Eltern etwas schwieriger. Meine Schwester versorgt inzwischen ihre eigene Familie und ich beginne, nach der Schule zur Oma zu gehen. Irgendwann mit Rollentausch: Oma wird älter und ich fange an, nachmittags ein Auge auf sie zu haben, koche Mittagessen und ähnliches. Daneben übernehme ich Aushilfsjobs und jongliere Geld verdienen, Schule, Familie, Freizeit und Parties. ( Das ist ja auch eine Art Vereinbarkeit)

2002: Mein erster handfester Job, neben Abitur und Familie und festem Partner samt jeder Menge Parties.

2003: Studium, die erste. Kein Job nebenher, weil das Angebot in der betreffenden Region mangelhaft ist. Familie und Freunde müssen weichen, das Studium frisst alle Ressourcen. (Vereinbarkeit? Kaum, denn Freunde und Familie haben hier eindeutig gefehlt)

2005: Studium, die zweite. Dieses Mal in einer Region, in der ein Nebenjob kein Problem ist. Mein Teilzeitjob als Werkstudent wird mich bis in die Schwangerschaft begleiten. Ohne einsetzende Finanzkrise wäre mir die Übernahme sicher gewesen. (Vereinbarkeit? Ohne Schwangerschaft wären meine Chancen mit Sicherheit besser gewesen. Dafür kann ich bis kurz vor dem errechneten Termin weiterarbeiten).

2008/2009: Babypause. Bzw. belege ich online Seminare an der Uni, während Tochterkind bei Oma, Papa oder im Tuch ist. Nachts schreibe ich an der Abschlussarbeit. Sehr langsam, allerdings. Extrem langsam.

2010: Studium abgeschlossen, Tochterkind halbtags in der Krippe untergebracht und gut eingewöhnt. Ich starte als Freiberufler. Arbeite, sobald Tochterkind betreut ist, schläft oder spielt. Schreibe mich parallel für das Aufbaustudium ein, bringe das aber kaum noch im Alltag unter. (Vereinbarkeit? Allein das Muttersein frisst erkennbare Ressourcen)

2011: Unser Jüngster kommt zur Welt. Ich nehme mir eine Woche frei,dann mache ich mich an die nächsten Kundengespräche und Konzepte. Ich arbeite, sobald der jüngste stillt oder schläft, während Tochterkind entweder in der Krippe ist oder mit dem Papa tobt. Meine Kapazitäten für neue Aufträge sind allerdings begrenzt. (Vereinbarkeit – so langsam klappt es. Kunden, Aufträge, Kinder – es scheint sich ineinander zu fügen)

2012: Der Jüngste kommt in dieselbe Krippe wie seine Schwester. Beide Kinder haben Ganztagesplätze mit 40h. Immerhin bis 16:00 Uhr sind beide gut betreut. Die Zeit ab 16:00 Uhr bis zum Schlafengehen gehört den Kindern, kompromisslos. Ich höre auf, nachts zu arbeiten. Weil es wirklich, wirklich nicht mehr geht. Streiche das Aufbaustudium. Die Haustiere sind der Reihe nach todkrank und verbrauchen viele Ressourcen. Im Verein stehen Projekte an. Die Zeit wird langsam knapp für das Familienleben. (Vereinbarkeit – in diesem Jahr hakt es. So viele Termine, Aufgaben, Schwierigkeiten. Ich muss immer wieder Prioritäten zurechtrücken, um keinen aus der Familie aus den Augen zu verlieren)

2013: Der Alltag hat sich eingespielt. Bei wichtigen Terminen können Papa oder Oma einspringen. Arbeiten, während beide Kinder putzmunter durch die Wohnung springen, ist schwierig – aber möglich. Ich schaffe es endlich wieder, mehrere Bücher pro Woche zu lesen -wie früher ohne Kinder.

2014: Da neue Jahr beginnt mit Nachtarbeit und mehreren großen Projekten. Der Jüngste wird im Sommer in den Kindergarten wechseln. Der Schulstart vom Tochterkind steht erst im nächsten Jahr an. Dann wird es spannend. Denn die Schule geht bis 11:45 Uhr ……

30 Jahre in wenigen Sätzen. Wenn ich mir die Biografien von anderen Frauen/Familien so ansehe, habe ich es vergleichsweise gut getroffen. Immerhin waren weder die Betreuung durch staatliche Einrichtungen noch Erwerbsarbeit größere Hürden. Es lief, von Anfang an. Mal schauen, wie die Bilanz mit 40 oder 50 aussieht – wenn dann auch die Schule als neue Erfahrung mit dabei ist.

Sabrina
Hy, hier schreibt Sabrina. Freiberuflich als Copywriterin anzutreffen, mit Mann & zwei Kindern in enger Gemeinschaft. Feministisch, bindungsorientiert & zutiefst sarkastisch. Bekennende #coffeeholic

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert