Liebe Politik*, du kannst uns nicht an- und ausknipsen. Wir sind Eltern. Kein Human Kapital, nur nach Bedarf geschützt, gelegentlich beiseite gepackt und davon abgesehen jederzeit voll produktiv parat stehen soll.
Fehlende Schutzmaßnahmen, fehlende Anerkennung, fehlende Planbarkeit machen mürbe. Verzeih mir das schlechte Wortspiel, aber: Pandemürbe, wenn auch noch mitten in einer Pandemie klar wird, wie wenig Kinder und Eltern zählen. Und das nicht zu Beginn, wenn alle überrascht sind. Sondern auch im zweiten, dritten und nun im vierten Anlauf. Aka Welle.
Nein, es ist kein jammern auf hohem Niveau. Es ist bittere Realität. Jo.luecke hat neulich abend 40 Eltern-Stimmen vorgelesen. Schau mal rein, das Instagram-Live ist gespeichert. Der Ton ist eindringlich. Der O-Ton ist .. erschöpft. Vereinzelt wütend. Häufig resigniert. Meistens traurig.
Die Zahl derjenigen, die resigniert haben? Erkennbar in der Mehrzahl. Die Wut darüber, dass es immer noch keine flächendeckenden Luftfilter gibt? Verraucht. Hilft ja nix.
Dass es wieder zu Schließungen kommen wird, weil Personal und Schüler*innenschaft zunehmend erkrankt (oder in Quarantäne sitzt?) War klar, keine große News mehr.
Und das derzeit täglich die Personenmenge stirbt, die in einem vollbesetzten Airbus Platz hätte? Ja, kennen wir vom letzten Winter. Ist scheiße, aber die Kraft zum Aufregen, zum Mitfühlen ist verbraucht.
Und das es weiter und weiter zu Schulstofflücken kommt? Geschenkt. Distanzunterricht ist offiziell einfach keine Lösung, die gefördert wird. Präsenzunterricht in kalten Klassen dagegen schon.
Dass das eigene Kind sich vielleicht, vielleicht auch nicht infiziert? Wir hoffen auf das Beste. Es bleibt ja nichts anderes übrig.
Und das die Impfzulassung für U12 auf sich warten lässt? Die Impfstoffmengen wohl nicht ausreichen? Und die Terminvereinbarung eine Erfindung aus der Hölle sein muss? Geschenkt. Oder hat irgendwer noch irgendwas anderes erwartet?! Eben.
Also machen wir das beste draus. Stocken die Vorräte aus warmen Socken und Handschuhen auf. Waschen Masken oder kaufen (teure, aber weiterhin nicht so richtig auf Kinder angepasste!) med. Masken. Und reagieren gereizt, wenn es gerade alles wieder zuviel wird…
Das Kind anschnauzen, es soll seine scheiß Schuhe zubinden weil die scheiß ITS zu sind und jeder scheiß Unfall einer zuviel gerade … hat schon eine besonderer Qualität dieser Tage. #coronaeltern
— Vereinbarkeitsblog (@vereinbarkeitsb) November 17, 2021
(Sab)
Was mich gerade wirklich mürbe macht…
… ist, dem immer-noch ungeimpften U12-Kind zu vermitteln, dass es besser nicht ins Kino geht. Oder schwimmen. Oder zum Indoor-Großevent. Nein, auch nicht Schnelltest-getestet. Nein, auch nicht wenn die meisten Anderen geimpft sind. Alles Unnötige zu streichen, lautet die Devise*. Und wenn das Kind dank anhaltender Präsenzpflicht in die Schule muss, fallen Freizeitdinge hintenrunter.
* sagen Virologen. Und Seuchenspezialisten. Also Menschen, die nichts anderes tun, als sich mit der Bekämpfung von Viruserkrankungen und Pandemien zu beschäftigen. Umso schneller wärs vorbei, wenn sich halt mal alle dran halten würden. Aber nun gut…
Als das FÜR ALLE so wahr, hat’s das Kind verstanden. Und ich auch. Solidarität! Schützt euch und die vulnerablen Gruppen! Reduziert Kontakte und wartet auf die Impfung, dann haben wir’s bald geschafft!
Die Ironie ist: Kinder sind bei diesem fast geschafft ja quasi nie mitgemeint. Oder wenn, dann wirds halt zynisch.
Jetzt geht mit 2G und 3G aber alles (ja, das hat Gründe, ich verstehe das rational auch!). Oder fast alles, denn überraschenderweise [/ironie] lassen sich Ansteckungen in Büros und in Schulen, in Gaststätten und in übervollen Kneipen doch nicht so ganz vermeiden.
Also fange ich Frust auf. Den vom Kind – und meinen. Wäge ab. Erkläre, warum Erwachsene sich zu Tausenden im Karneval tummeln, obwohl die Impfung nicht vor Infektion schützt UND so mancher Schnelltest nicht zuverlässig anzeigt. Biete Alternativen an. Versuche, einen Ausgleich zu schaffen. Irgendwie, denn dieses 2. Pandemiejahr zieht sich. Mir gehen die Ideen aus. Und das Geld.
Pandemie-Pandemürbe-Papagei
Dr. Drosten sagte neulich, er wäre kein Papagei.
Drosten: Ich will nicht zu einem Papagei werden, der immer dieselbe Botschaft verbreitet. Ich sollte das nicht mehr machen. Sonst bin ich nur noch eine Medienfigur oder ein Art Halbjournalist – irgendwas, was ich auf keinen Fall sein will.
Die Zeit, Interview; 10.11.2021
Herr Wieler sagte, er wäre schon lange einer.
Und wir Eltern? Wir sind es auch. Zwangsweise.
Hy, hier schreibt Sabrina. Freiberuflich als Copywriterin anzutreffen, mit Mann & zwei Kindern in enger Gemeinschaft. Feministisch, bindungsorientiert & zutiefst sarkastisch. Bekennende #coffeeholic