Lange Zeit habe ich kein #wmdedgT mehr geschrieben, aber gerade jetzt in dieser außergewöhnlichen Zeit ist es mal wieder Zeit dafür, einen “ganz normalen Tag” zu dokumentieren.
#wmdedgT ist eine Erfindung von Frau Brüllen.
6.30 Uhr – Aufstehen
Auch wenn viele Menschen zur Zeit länger schlafen können, ich gehöre nicht dazu. Denn der große Sohn geht auch weiterhin ganz normal arbeiten, lediglich die Berufsschule fällt aus und schickt Aufgaben. Und daher stehe ich mit ihm, bzw. kurz nach ihm auf, damit er nicht alleine frühstücken muss.
Während er noch unter der Dusche steht, koche ich also Kaffee für mich, Tee für ihn, decke den Tisch und backe Brötchen auf. Dann schweigen wir uns beim Frühstück an, denn wir sind beide nicht die Gesprächigsten am frühen Morgen. Aber einfach beieinandersein verbindet auch.
Ich übe nebenbei noch Katalanisch, denn ich habe in Corona-Zeiten tatsächlich beschlossen, mal wieder eine neue Sprache zu lernen und übe dabei mein Spanisch gleich mit, weil der Kurs dies als Ausgangssprache hat.
7.30 Uhr Frühstücksgottesdienst
Der Computer ist schon an – etwas, das ich in letzter Zeit meist als erstes am Morgen erledigt – daher nutze ich das Angebot unserer Schulseelsorge und nehme online am Frühstücksgottesdienst teil. Das ist ein religiöser Impuls, der ungefähr eine halbe Stunde dauert und jeden Dienstag stattfindet.
Dabei trinke ich Kaffee und esse ein Marmeladenbrötchen. Das tut gut.
Mittlerweile ist auch Mr. T aufgestanden und wir besprechen den Tag. Dann ziehe ich mich an und wecke bei der Gelegenheit den kleinen Sohn. Anschließend drucke ich die neuen Aufgaben auf, die seit gestern Nachmittag auf der Schulhomepage des Sohnes hochgeladen wurden (dass alle Aufgaben für die Woche Montag morgens da sind, scheint nicht möglich zu sein). Und ich bespreche mit dem Sohn, was er heute erledigen muss.
Das Chaos beginnt
Es ist mittlerweile 9 Uhr und ich habe viel zu tun. Zwei Stunden Onlineunterricht hören sich wenig an, aber ich persönlich brauche für die Vorbereitung wesentlich länger als für klassischen Unterricht.
Da sind eingeschickte Texte zu korrigieren, Dokumente aufzubereiten und hochzuladen, Unterrichtsarrangements zu planen, die möglichst schüler*innenaktivierend sind und sich online durchführen lassen, und und und.
Außerdem klopft es ungefähr alle 5 Minuten an der Tür zum Arbeitszimmer, weil der Sohn irgendetwas erklärt haben will und aus mir nicht bekannten Gründen diese Erklärung nicht von seinem Vater bekommen möchte sondern von mir. Die Anspannung steigt, die Zeit wird knapper, alle paar Minuten unterbrochen zu werden, sorgt nicht gerade für eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre.
Zwischendurch rufen wir “noch mal eben” bei einem Freund an, der heute Geburtstag hat und gratulieren. Der Kaffee ist alle und ich finde die DVD für die nächste Unterrichtsreihe nicht. Noch 30 Minuten bis zur ersten Onlinestunde und ich habe noch nichts so richtig fertig, dafür weint jetzt der Sohn, weil ich ihn wegen der vielen Unterbrechungen angeschnauzt und damit gedroht habe, sein tägliches Telefonat mit dem besten Freund zu verbieten, wenn er mich noch einmal stört.
11.45 Uhr Online-Unterricht
Die Besprechung startet pünktlich, diesmal war ich sogar schneller als die Schüler*innen und habe sie selber gestartet. Bis alle da sind und ich die Anwesenheit überprüft habe, sind 5 Minuten vergangen.
Mal wieder zeigen sich die Schüler*innen nicht. In der Oberstufe bleiben die Kameras aus. Schade eigentlich, aber auch verständlich. Meine 8er heute Nachmittag sind da weniger kamerascheu. Da wurde letzte Woche auch schon mal der Hund in die Kamera gezeigt. Aber wir wollen ja arbeiten. Da ist es schon schwieriger, dass die Menschen an ihren Bildschirmen auch wenig reden, denn so muss ich ihnen jede Information aus der Nase ziehen.
Dann gibt es eine schriftliche Aufgabe, die sie für die nächsten 20 Minuten bearbeiten sollen und ich kann zwischendurch mal nach dem Homeschüler in der Küche gucken, natürlich immer in Hörweite des Laptops. Nach der Zeit gibt es noch eine Verlängerung, weil ja online immer alles länger dauert (das Internet lädt so langsam).
Der Rest der Stunde vergeht mit Besprechung der Aufgaben und der Frage danach, ob wir uns wohl in der nächsten Stunde am Donnerstag in der Schule sehen werden oder doch wieder online. Nichts ist sicher in diesen komischen Zeiten.
12.50 Uhr Was gibt es zum Mittagessen?
Nach der Onlinestunde ist vor dem Mittagessen. Da Mr. T zum Einkaufen verschwunden ist, muss erst einmal geklärt werden, was wir denn essen und wer das macht. Zum Glück komm er fünf Minuten nach Ende der Stunde nach Hause und hat auch schon etwas für die Nudelsauce eingekauft. Die Nudeln sind noch vom Vortag vorhanden und so kochen wir gemeinsam Saucen, er die Bolognese, ich die vegane Gemüsesauce. Nebenbei bereite ich noch einen Rhabarbercrumble für nachmittags vor. Wir essen, der Crumble wandert in den Ofen und ich wieder an meinen Schreibtisch.
Kurz vor 14.00 Uhr
Noch eben die Politikaufgaben des kleinen Sohns an seinen Lehrer schicken, dann ist das auch erledigt. Anschließend geht es wieder an die Arbeit.
Um 15.10 startet die nächste Onlinestunde und dafür muss ich noch überprüfen
- ob ich die Texte der Schüler*innen wirklich schon alle korrigiert habe (Mails checken, Kursnotizbuch und Aufgaben überprüfen)
- ob ich alle Dokumente in die Cloud geladen habe, die wir gleich brauchen
- ob die Medien alle funktionieren
- ob meine Wasserflasche voll ist
Zwischendurch hole ich noch den Crumble aus dem Ofen und aktualisiere die To-do-Liste. Pro-Tipp: Vor der Onlinestunde nochmal auf die Toilette gehen, dann wird die Zeit nicht so lang.
15.10 Uhr Onlinestunde Nr. 2
In dieser Stunde arbeite ich nur mit einem Teil des Kurses. So ist die Arbeit intensiver und der Redeanteil der Schüler*innen höher. Allerdings scheitern wir immer noch an den Tücken der Technik. So ist die eine Funktion nicht auf dem Tablet verfügbar oder das Programm lädt nicht so schnell. Sowohl meine Schüler*innen als auch ich lernen im Moment ständig dazu. Es ist ein Prozess.
16.15 Uhr Der Kaffee wartet
Oder auch nicht. Denn Mr. T hat Erdbeerkuchen gebacken und ist noch mit dem Tortenguss beschäftigt. Also setze ich Kaffee auf.
Der kleine Sohn ist mittlerweile zu seinem besten Freund unterwegs. Die beiden treffen sich täglich und gehen gemeinsam auf Pokémon-Jagd. Dabei halten sie vorbildlich Abstand.
18.15 Uhr Kind abholen
Weil ich heute den ganzen Tag am Rechner geseessen habe, mache ich das zu Fuß. Leider habe ich dabei die Entfernung unterschätzt und wir sind erst nach einem Weg von fast 10 km um 20.00 Uhr zu Hause. Mir tun die Füße weh, der Sohn ist topfit.
Dann essen wir etwas und bauen das Biologie-Experiment für diese Woche auf. Kresse beim Wachsen zugucken.
Anschließend sehen wir noch ein wenig fern und um 21.15 Uhr, geht der kleine Sohn nach oben um sich bettfertig zu machen. Ich fahre den Rechner herunter, schreibe vorher noch eben diesen Blogpost zu Ende und gehe dann mal Harry Potter vorlesen. Danach werde auch ich nicht mehr viel tun, denn morgen heißt es wieder früh aufstehen. Um 8.00 Uhr ist Dienstbesprechung online und da erfahren wir hoffentlich, wie es in der Schule weitergehen wird. Vielleicht aber auch nicht.
Mutter von zwei, Lehrerin, Stadtmensch