Meine Tochter ist eine Zicke.
Du liegst immer nur faul auf dem Sofa rum. Du bist eine faule Socke!
Kennt ihr das? Wenn Eltern ihren Kindern bestimmte Eigenschaften zuschreiben? Ich finde das sehr gefährlich. Denn diese Urteile setzen sich fest.
Was sind Zuschreibungen?
Zuschreibung, auch Attribution genannt ” bezeichnet in der Psychologie sowohl die Zuschreibung von Ursache und Wirkung von Handlungen und Vorgängen als auch die daraus resultierenden Konsequenzen für das Erleben und Verhalten von Menschen.” Es handelt sich um subjektive Erklärungen, die der Mensch für das Verhalten Anderer bzw. seiner Umwelt aufstellt. Dabei gibt es interne und externe Zuschreibungen. Die internen Zuschreibungen beziehen sich auf die Persönlichkeit eines Menschen, die externen auf äußere Effekte, die das Verhalten des Menschen beeinflussen. In gelingenden Beziehungen werden angenehme Verhaltensweisen oft mit internen Zuschreibungen verbunden, während unangenehme Verhaltensweisen mit externen Faktoren begründet werden. Ist es andersherum, wird die Beziehung dadurch schwer belastet.
Wozu können interne Zuschreibungen führen?
Bei den Eltern
Hier kann es dazu führen, dass Eltern durch ihre Zuschreibungen ihre Kinder nur noch aus dem entsprechenden Blickwinkel sehen. Dass sie z. B. nur die angebliche Faulheit des Teenagers auf ihrem Sofa wahrnehmen, aber gar nicht mehr beachten, dass er täglich liebevoll mit dem kleinen Bruder spielt und immer, wenn es darauf ankommt zuverlässig hilft. Das führt dazu, dass wir nicht mehr den ganzen Menschen sehen, der uns gegenübertritt, sondern nur noch den Ausschnitt, der unsere Zuschreibungen bestätigt.
Bei den Kindern
Negative interne Zuschreibungen können bei Kindern zur selbst erfüllenden Prophezeihung werden. Denn welchen Anreiz haben Kinder, sich anders zu verhalten, wenn sie ständig mit negativen Zuschreibungen konfrontiert werden? Wieso sollte die “faule Socke” sich besonders engagieren, wenn dies nichts an der Attribution ändert?
Und nun?
Zuschreibungen lassen sich nicht vermeiden. Sie helfen uns, uns in der Welt zurecht zu finden. Aber ich finde es wichtig, meinen Kindern grundsätzlich positiv zu begegnen und nur das Beste von ihnen zu erwarten (und das meine ich jetzt nicht auf die Leistung z. B. in der Schule bezogen). Ich gehe davon aus, dass meine Kinder grundsätzlich gut/hilfsbereit/engagiert/nett/kritisch/aufgeweckt/etc. sind. Und ich gestehe ihnen zu, dass sie mal einen schlechten Tag haben dürfen. Oder auch eine schlechte Woche. Denn sie sind Menschen genau wie ich. Und ich habe auch gute und schlechte Tage.
Außerdem versuche ich, Kritik nicht an ihrer Person, sondern an ihrem Verhalten zu üben. Also eben nicht zu sagen: “du bist eine faule Socke” sondern “ich fände es gut, wenn du mir hilfst und das hast du nicht getan”.
Dann passe ich noch darauf auf, wie ich anderen Menschen gegenüber über meine Kinder rede, auch wenn diese nicht dabei sind. Denn auch das finde ich wichtig. Laut ausgesprochene Worte haben eine enorme Wirkung. Sie beeinflussen meine Wahrnehmung und die meiner Mitmenschen und ich möchte, dass meine Mitmenschen gut über meine Kinder denken.
Mutter von zwei, Lehrerin, Stadtmensch